Warum funktioniert Online-Werbung nicht
Werbung beeinflusst das Leben der Menschen nahezu permanent. Die Tatsache ist schon seit Jahrzehnten bekannt und ist unbestritten. Jedoch ist den wenigsten Menschen wirklich bewusst, welche Mechanismen am Werke sind. Aber oftmals funktioniert die Werbung einfach nicht und die Kunden bleiben aus.
Online-Werbung funktioniert nicht. Diese gewagte These kann man an zahlreichen Faktoren festmachen. Es reicht von der mangelhaften Sichtbarkeit der Werbemittel, über eine erschreckend geringe Beachtungsdauer, am dramatischen Einbruch der Klickraten, bis hin zur sprunghaften Zunahme der Adblocker.
Was läuft schief? Ganz einfach: Wir haben das Internet als Werbemedium bis heute nicht verstanden. Wir machen im Netz die gleiche Display-Werbung wie in allen anderen Medien. Und wir haben vor lauter Online-Begeisterung vergessen, wozu die anderen Medien überhaupt gut sind. Ebenso wie ein Brand Funnel existiert, gibt es nämlich auch einen „Media Funnel“ entlang der Kommunikations-Kette.
Inhalt
Wer die Wahl hat, schaut sich um
Ebenso haben die vielen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung zu einer Verdrossenheit klassischer Werbung gegenüber geführt. Um ein adäquates Beispiel zu geben, müssen wir nur auf den Journalismus blicken: Gab es vor 15 Jahren noch den einen Kriegsreporter, glaubten wir der Wahrheit, die er uns kommunizierte. Die Welt war einfacher, weil auch die Meinungsbildung weniger vielfältig war. Heute gibt es die Sozialen Medien, Streamingdienste, Echtzeitberichterstattung normaler User und somit auch eine sehr vielschichtige Wahrheit. Was wir glauben, hängt unmittelbar mit unserer Informationsbeschaffung zusammen. Und die ist heutzutage eben ohne großen Aufwand auf verschiedenen Ebenen möglich. Das gleiche gilt für Werbung: Haben wir den Werbetreibenden ihre Versprechen früher eher mal abgekauft, halten wir heute erst nach Empfehlungen Ausschau. Konsumenten haben die Möglichkeit sich zu informieren und tun dies auch.
Das ist auch ein Grund dafür, warum das Content Marketing nun seit einigen Jahren Aufschwung erfährt. Marken müssen gleichzeitig sympathisch und authentisch sein, dürfen dabei aber keinesfalls im Einheitsbrei untergehen. Denn jeder macht jetzt irgendwie in Content Marketing, weil es die heiße neue Disziplin ist. Hier ist durchaus Vorsicht angebracht: Ob das Unternehmen Content Marketing betreibt, allein des Hypes Willen oder aus echter Passion und Überzeugung heraus, merken die User schnell.
Wenn es gelingt, mit dem Unternehmensblog einen echten Mehrwert zu schaffen und die für das Unternehmen relevanten Social Media Plattformen erfolgreich zu bespielen, sind treue Fans nur einer von mehreren Gewinnen. Löst der Blog Probleme, ohne dabei zu werblich zu sein und nur Produkte vorzustellen, werden mehr potentielle Kunden ihn lesen und weiterempfehlen. Daraus resultiert häufig auch eine gesteigerte Conversion Rate. Die Zeit der platten Werbung jedenfalls ist vorbei.
Meinung vs. innere Einstellung: ihr Einfluss auf das Kaufverhalten
Marken investieren in Werbung, weil sie das Kaufverhalten des Endverbrauchers ändern möchten.
Logisch wäre folgende Vorgehensweise: Eine Marke möchte zum Beispiel erreichen, dass Männer im Alter von 25 bis 40 Jahren ein bestimmtes Spülmittel kaufen. Dafür benötigt sie eine überzeugende Marketingbotschaft, denn sie will, dass die Zielgruppe das Spülmittel in Zukunft anders wahrnimmt. Damit die Leute die Marketingbotschaft verinnerlichen und sich ihre Meinung zu einem Produkt ändert, braucht man die Aufmerksamkeit der Zielgruppe. Das Unternehmen engagiert eine Agentur, die mit der Entwicklung eines Werbekonzepts beauftragt wird.
Mit einer entsprechenden Anzeige oder einem Werbespot soll dann die überzeugende Botschaft übermittelt werden. Das Unternehmen erhofft sich so, die Aufmerksamkeit des Verbrauchers erregen und dann allein durch die Überzeugungskraft der Werbung seine Meinung über das Produkt ändern zu können. Der Verbraucher verarbeitet die Botschaft, wägt Pro und Contra ab und prüft in seinem Kopf die Glaubwürdigkeit der Claims. Anhand dessen trifft er die Entscheidung, ob sich der Kauf des Produktes lohnt.
Allerdings reicht es nicht aus, nur die Meinung über ein Produkt zu ändern.
Unsere Meinung bestimmt bloß, welche Attribute wir einer Marke zuschreiben. Unsere innere Einstellung einem Produkt gegenüber hingegen zeigt, welche Gefühle beim Gedanken an eine Marke in uns geweckt werden. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig. Denn obwohl Meinungen unsere innere Einstellung beeinflussen, haben sie keine Auswirkung auf unser Verhalten. Das schafft nur die innere Einstellung.
Um das Kaufverhalten zu beeinflussen, müssen Sie die innere Einstellung einer Person gegenüber einem Produkt ändern.
Dafür muss man zunächst verstehen, wie das Gehirn Informationen verarbeitet, wie es Informationen speichert und wie Informationen über Marken verinnerlicht – oder verschlüsselt – und dann abgerufen werden.
Was ist emotionales Marketing?
Emotionales Marketing ist der Versuch, eine Marke mit spezifischen Emotionen “aufzuladen”, auf welche Kunden positiv reagieren sollten.
Das Ziel von emotionalem Marketing ist es, eine emotionale Bindung zwischen den Konsumenten und einer Marke zu schaffen. Emotionen sollen den Konsumenten zum Kauf verführen, ihn manipulieren.
Mit anderen Worten: Emotionales Marketing verfolgt das Ziel, Gefühle und Emotionen bei Menschen hervorzurufen, von denen erwartet wird, dass sie sich positiv auf den Umsatz eines Produkts oder einer Dienstleistung auswirken.
Typischerweise zielt emotionale Werbung auf generische Emotion wie Freude, Liebe, Vertrauen oder Angst ab. Sie sollen die Konsumenten auf eine Marke aufmerksam machen, damit sie sich anschließend an diese Marke erinnern und sie letztendlich kaufen.
Manipulation durch Werbung: Die zwei Arten der Aufmerksamkeit
Es scheint ganz logisch: Man muss eine Person erst dazu bringen, die Produkt-Claims zu glauben, bevor man die Meinung und letztendlich die innere Einstellung dem Produkt gegenüber ändern kann.
Außerdem scheint es ebenso logisch, dass man jemanden nur von etwas überzeugen kann, wenn man seine volle Aufmerksamkeit hat. Die Person muss Ihre Botschaft schließlich auch wahrnehmen, um sie zu verarbeiten und die Informationen abzuspeichern.
Das Problem aber ist, dass Werbung nicht logisch funktioniert.
Marken prägen sich auf völlig andere Art und Weise im Gedächtnis ein. Jeden Tag werden wir mit tausenden Informationshäppchen verschiedenster Marken konfrontiert. Angenommen, wir würden jede einzelne dieser Informationen bewusst verarbeiten – wir würden ziemlich schnell unter der Informationslast zusammenbrechen. Daher filtern wir die Informationen je nach Aufmerksamkeitsgrad. Dabei gibt es zwei Arten von Aufmerksamkeit.
Aktive Aufmerksamkeit
Bei der aktiven Aufmerksamkeit wird der Fokus bewusst und kognitiv auf eine bestimmte Sache gelegt. Dieser Zustand lässt sich nur schwer über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten. Es ist sehr viel aktives Denken erforderlich.
Passive Aufmerksamkeit
Der Aufmerksamkeitsgrad ist gering und man wird leicht von anderen Dingen abgelenkt. Die Gedanken wandern von einer Sache zur anderen. Wenn man allerdings wollte, könnte man den Fokus schnell auf eine Person oder eine Sache legen, sodass ein aktiver Aufmerksamkeitsgrad erreicht wird.
Bei der Aufmerksamkeit geht es weniger darum, sie ein- und auszuschalten. Wir ändern vielmehr unbewusst ständig unseren Aufmerksamkeitsgrad.
Sie wurden verführt – gewöhnen Sie sich an den Gedanken
Sie könnten nun das Gefühl haben, manipuliert worden zu sein. Dabei spricht in Wirklichkeit nur Ihr Gehirn auf die Werbemethoden an.
Wir schenken Werbung und Markenbotschaften normalerweise nur wenig Beachtung, denn sie begegnen uns wirklich überall. Daher werden diese Botschaften passiv oder implizit verinnerlicht und in unserem impliziten Gedächtnis gespeichert, das – wie wir wissen – Informationen mit Bedeutungen verknüpfen kann und viel Kapazität hat.
Darüber hinaus erregen emotionale Inhalte nicht so sehr unsere Aufmerksamkeit wie überzeugende Inhalte. Deshalb lassen sich emotionale Inhalte nur schlecht wegargumentieren. Eine durch Werbung hervorgerufene Emotion kann nach mehrmaligem Anschauen eine konditionierte Reaktion zur Folge haben. Letztendlich assoziieren die Leute sogar ein Gefühl mit einer Marke. Diese Emotionen funktionieren dann wie Filter, anhand derer wir unsere Entscheidungen treffen.
Grundsätzlich beeinflussen Emotionen und die damit verbundenen Gefühle unsere Meinung, die wiederum unsere innere Einstellung beeinflusst – und das ist der finale Schritt in Richtung verändertes Kaufverhalten.
Genau deshalb konnte die Cadbury-Werbung die Beliebtheit und die Verkäufe sowohl für die Produktkategorie, als auch für das Unternehmen steigern. Der Spot erfordert nur wenig Aufmerksamkeit. Er zielt auf das implizite Gedächtnis ab. Er wurde außerdem mit einem Song unterlegt, der eine emotionale Reaktion in den Zuschauern hervorruft. Und er wurde zu guter Letzt im gesamten Vereinigten Königreich ausgestrahlt. Auf diese Weise wurde eine emotionale Reaktion konditioniert. Wenn die Zuschauer dann in den Supermarkt gingen, um Schokolade, Riegel und Kekse zu kaufen, verließen sie sich bei der Kaufentscheidung auf ihre Emotionen. Schlussendlich fiel die Wahl in einem Großteil der Fälle auf die lilafarbene Cadbury-Marke, denn sie erinnerten sich rational an eine Information: Diese Marke unterstützt den fairen Handel und investiert in unabhängig betriebene Kakao-Plantagen.
Die Leute ignorierten also die Werbung mit dem Schlagzeug spielenden Gorilla und diese Nicht-Aufmerksamkeit führte dazu, dass sie zu Konsumenten dieser Marke wurden.
Die typischen Fehler der Werbung
Fehler in der Darstellung
Ein weiterer Fehler ist die mangelnde Konsequenz bei der Darstellung der Werbung. In den meisten Auftritten und Konzepten fehlt die Durchgängigkeit bei der Präsentation. Farben, Aussagen und Bilder sind dabei nicht identisch. So haben oftmals die Wagen des Unternehmens haben eine andere Farbe als die Briefmaterialien. In den Beratungsgesprächen werden andere Argumente angewandt als im Internet und in den Werbemitteln. Somit werden andere Vorteile und Leistungen dargestellt als in den Flyern.
Auf wichtige Hinweise, dass kein Markenhersteller solche Fehler macht, kommt stets die gleiche Antwort. Dies ist jene, dass das Unternehmen kein Markenartikelhersteller ist. Diese Antwort ist generell richtig – und dennoch zugleich falsch. Das Ziel muss es sein, in der eigenen Region, bei den Kunden und Interessenten, ein unverwechselbarer Betrieb für bessere Leistungen zu werden. Dies wird nur dann erreicht, wenn das Bild des Unternehmens in der Allgemeinheit stets und in sämtlichen Bereichen identisch ist.
Der Drang nach Neuem
Ein weiterer Fehler der Unternehmen ist, dass diese immer etwas Neues möchten. Vor allem Unternehmen neigen dazu, das Werbekonzept zu oft zu wechseln. Hier aber gilt das Gleiche wie bei anderen Fehlern. Das Unternehmen muss überlegen, wie lange und konstant die anderen Hersteller mit immer wieder den gleichen Texten, Bildern und Slogans werben. Hieran ist erkennbar, dass das Werbekonzept nur dann geändert werden soll, wenn es nötig ist. Auf keinen Fall sollte etwas verändert werden, nur um etwas Neues präsentieren zu können. Erst wenn das Unternehmen selbst etwas „nicht mehr sehen mag“, fängt es an, sich am Markt durchzusetzen.
Das Unternehmen darf nicht vergessen, dass es die Werbung jeden Tag sieht. Die Interessenten und Kunden dagegen sehen diese nur ab und zu und dann meist im Zusammenhang mit einer anderen Werbung. Daher dauert es viel länger als diese glauben, bis sich die Werbung und das Image des Unternehmens gefestigt und durchgesetzt hat.
Die Kontrolle der Werbestrategie
Wenn ein Unternehmen glaubt, es könne auch einen Werbetext schreiben oder eine passende Anzeige aufgeben oder das Logo neu entwickeln, hat es generell recht, aber nahezu immer werden diese eigenen Leistungen dem eigentlichen Betrieb weder quantitativ noch qualitativ gerecht. Sind diese Vorteile, die das Unternehmen bietet, in sämtlichen Aussagen der Werbung enthalten? Auch die Vorteile, die der Betrieb bietet, müssen eindeutig und klar formuliert werden, dass die Kunden und die Interessenten diese erfassen und verstehen. Ebenso müssen die Aussagen den Erwartungen der Zielgruppe entsprechen.
Personalisierung: Vorteile von digitalen Medien
Ein umfangreicher Unterschied zwischen den digitalen Medien und den klassischen besteht darin, dass erstere heute in einem anderen Maß personalisiert werden. Schließlich können die sozialen Medien in einem anderen Umfang auf die Bedürfnisse, Wünsche und Interessen angepasst werden als dies früher einmal der Fall war. Natürlich boten zugleich die unterschiedlichen analogen Plattformen eine bestimmte Form der Anpassung. Jedoch konnten mit jener Adressierung der unterschiedlichen Leserschaften, Fernsehzuschauer und Radiohörer stets nur grob die einzelnen Zielgruppen angesprochen werden, ohne, dass eine Individualisierung entstehen kann.
Instagram und Facebook können Werbung dagegen komplett an den einzelnen Nutzer anpassen und verdienen hiermit einen erheblichen Teil der Einnahmen. Auch perspektivisch kann erwartet werden, dass diese Seiten zwecks der Finanzierung auf solche Maßnahmen setzen werden – diese aber eventuell clevere Algorithmen und durch technologische Entwicklungen noch optimieren werden.
Individualisierung ist alles
Persönliche Interessen sind bei der Werbung stets wichtig. Erstaunlich ist es, wie die Wirtschaft diese psychologischen Methoden für die Ziele entdeckt hat und diese für sich brauchbar macht. Bekanntermaßen sind viele Kunden recht sicher, dass sie ihre Kaufentscheidungen in erster Linie nach sachlichen Kriterien treffen würden. Dies ist jedoch nicht die Wahrheit. Denn generell sollten verstandesmäßige Kriterien die einzigen Beweggründe sein, die hinter einem Kauf oder einer Ablehnung eines Produktes stehen.